Parteiprogramm

Oberstes Ziel der PARAT ist, dass möglichst jeder Mensch aktuell und in Zukunft selbstbestimmt leben kann. Die Selbstbestimmung bedingt die Teilhabe am Wohlstand, die Freiheit von direkten Einschränkungen und Manipulation, die Teilhabe am demokratischen Prozess und die Erhaltung der Lebensgrundlagen für die Zukunft.

Teil I: Teilhabe

Kapitel 1: Arbeitspolitik

Wir sind der Auffassung, dass Arbeit nicht etwas grundsätzlich Positives ist und die Erhaltung von Arbeitsplätzen demzufolge kein Ziel ist. Vielmehr muss das Ziel sein, die Existenzgrundlage der Menschen mit und ohne Arbeitsplatz zu schützen und weniger Arbeit gerechter auf die Menschen zu verteilen. Um diese Ziele zu erreichen, soll die Arbeitswoche auf vier Tage à sechs Stunden reduziert und die Ferien auf mindestens sechs Wochen ausgebaut werden.

Frau arbeit im Büro mit mehreren Monitoren
 

Um arbeitsbedingten Stress und daraus folgende Schäden für die Gesundheit zu reduzieren, aber gleichzeitig mehr Flexibilität zu erreichen, soll die Höchstarbeitszeit neu auf 120 Stunden für jeweils vier Wochen betragen.

Das Arbeitsverbot am Sonntag und die Feiertage sollen ebenso wie die Polizeistunde und die Ladenöffnungszeiten abgeschafft werden. Nachtarbeit soll jedoch 150% und Pikettdienst und Rufbereitschaft 50% als Arbeitszeit gezählt werden.

Menschen, die ihre Arbeit nicht frei einteilen können, sollen die Arbeitspläne mindestens acht Wochen im Voraus kennen. Ungeplante Mehrarbeit und Überzeit sollen 200% zur Arbeitszeit zählen. Wer die Jahresarbeitszeit auf Basis von vier Arbeitstagen mal sechs Stunden geleistet hat, muss für den Rest des Jahres in die Ferien.

Kapitel 2: Absicherung der Teilhabe

Wir sind überzeugt, dass sich Teilhabe für alle Menschen am besten mit einem bedingungslosen Grundeinkommen verwirklichen lässt. Das bedingungslose Grundeinkommen soll jedem Menschen in der Schweiz zustehen, ohne Rücksicht auf Nationalität oder Wohnort. Kinder sollen je nach Alter und Anzahl ein abgestuftes Grundeinkommen erhalten, dass ihre Bedürfnisse abdeckt, aber keinen Anreiz für die Erwachsenen schafft, durch viele Kinder von deren Grundeinkommen zu leben.

Lachende Frau hört draussen Musik
 

Bis das bedingungslose Grundeinkommen eingeführt werden kann, soll die staatliche Sozialhilfe schrittweise von der Bedürftigkeit als Bedingung wegkommen und damit die Kontrolle und Eingriffe in das Leben der Sozialhilfebeziehende reduzieren.

Mit der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ist die Arbeitslosenversicherung nicht mehr für die Existenzsicherung, sondern bloss für den vorübergehenden Erhalt des erlangten Wohlstandes zuständig. Sie soll im Sinne der Freiheit ohne Bedingungen wie Bewerbungen, dafür aber kürzer ausbezahlt werden.

Die Invalidenversicherung soll nach Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens weiter Renten auszahlen, welche bei behinderungsbedingten Einkommenseinbussen den Lebensstandard erhalten sowie für medizinische Massnahmen und die notwendigen Hilfsmittel und Hilfspersonen zur Bewältigung des Alltags und der Erwerbsarbeit bezahlen. Oberstes Ziel soll dabei sein, die persönliche Freiheit und Entfaltung jedes behinderten Menschen möglichst auf das Niveau eines Menschen ohne Behinderung zu heben.

Die Renten sollen zukünftig nur noch durch Umlagen und nicht mehr durch Sparmodelle gesichert werden, damit es nicht mehr notwendig ist, dafür riesige Geldmengen anzulegen. Weil die Menschen länger leben, soll zukünftig das Rentenalter in Schritten auf 70 Jahre steigen. Menschen, die Anzeichen von Demenz zeigen, sollen ohne Abstriche pensioniert werden. Zudem soll aber mit einer Bildungsrente für alle Menschen eine zweite und dritte Ausbildung ermöglicht werden, damit niemand einen einzigen Beruf bis zur Pensionierung Jahre ausüben muss.

Die Renten im Umlagemodell wie auch die Gesundheitskosten sollen vollständig aus Steuermitteln statt aus Lohnprozenten bezahlt werden, um die Motivation der Unternehmen bei den Mitarbeitern zu sparen, zu reduzieren. Insbesondere ältere Arbeitnehmer sollen so vermehrt Arbeit finden.

Das betreibungsrechtliche Existenzminimum soll leicht unter dem Bedingungslosen Grundeinkommen zu liegen kommen, damit Menschen mit Schulden nicht zu sehr bestraft werden und gleichzeitig kein Anreiz für eine vorsätzliche Überschuldung besteht. Für Menschen mit Überschuldung soll obligatorisch eine Beistandsperson bestellt werden.

Kapitel 3: Steuerpolitik

Die Einkommenssteuer soll zukünftig in einem Schichtenmodell entrichtet werden, wobei die Gemeinde das Einkommen bis zu einer gewissen absoluten Höhe besteuert, darüber der Kanton und schliesslich der Bund die Einkommen jenseits einer zweiten absoluten Grenze. Dadurch können Gemeinden und Kantone weiterhin autonom ihre Steuersätze festlegen und entsprechende Leistungen für die Menschen bieten, aber der ruinöse Steuerwettbewerb um die Milliardäre hat ein Ende. Sämtliche Abzüge von der Einkommenssteuer sollen durch einen höheren Pauschalabzug ersetzt und damit die Steuererklärung vereinfacht werden. Die Steuern sollen grundsätzlich in monatlichen Raten bezahlt werden, um Steuerschulden zu vermeiden.

Taschenrechner, Kugelschreiber und Büroklammer aus Masspapier
 

Die Vermögenssteuer soll ebenso im Schichtenmodell erhoben werden und für sehr hohe Vermögen auf rund 6% steigen, sodass die investierten Vermögen zwar nicht in ihrer Substanz angegriffen werden, aber die Investitionsgewinne teilweise abgeschöpft und damit die Vermögen nicht länger immer ungleicher verteilt werden. Die Erbschaftssteuer soll als doppelte Vermögenssteuer auf durch Erbe erworbenes Vermögen realisiert werden.

Die Mehrwertsteuer soll gänzlich abgeschafft werden und durch eine Mikrosteuer im Promillebereich auf alle Gutschriften und Belastungen von Bankkonten, Wertschriftendepots und vergleichbaren Einlagen ersetzt werden.

Die Gewinnsteuer für Unternehmen soll ebenfalls nach dem Schichtenmodell erhoben werden. Der Gewinn von Unternehmen mit Sitz im Ausland in dem Umfang besteuert werden, als dieser aus Geschäften mit Verbrauchern in der Schweiz herrührt.

Kapitel 4: Familienpolitik

Auch in der Familienpolitik gilt für uns Maxime, möglichst viel Freiheit für alle Menschen zu schaffen. Wo sich zwei oder mehr erwachsene Menschen einig sind, wie sie ihre Familien gestalten möchten, soll der Staat keine Vorschriften machen. Der Staat soll aber das Zusammenleben und die Gleichberechtigung aller Menschen fördern.

Mehrere junge Frauen amüsieren sich draussen
 

Deshalb wollen wir nicht nur die gleichgeschlechtliche Ehe, sondern auch die Polyehe und die mehrfache Ehe einer Person erlauben. Ausserdem möchten wir nach französischem Vorbild den Zivilpakt mit weniger Rechten und Pflichten als Alternative zur Ehe einführen. Bei streitiger Scheidung soll die Wartefrist entfallen und nicht streitige Scheidungen sollen neu ohne Richterin vom Zivilstandsbeamten erklärt werden können. Sind Kinder involviert, soll für diese immer ein Beistand bestellt werden.

Adoption von Kindern soll für Familien und Einzelpersonen erlaubt werden, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegenstehen. Auch der Wille des denkfähigen Kindes soll berücksichtigt werden. Zudem sollen auch erwachsene Menschen mit ihrem Einverständnis adoptiert werden können.

Die Fristenregelung bei Abtreibungen soll grundsätzlich beibehalten werden, die schwangere Person aber keine Notlage mehr gelten machen müssen. Zudem sollen für Notlagen bei Schwangerschaften mehr niederschwellige Beratungsangebote geschaffen werden. Die selbstbestimmte Sterilisation sollt für alle Menschen frei zugänglich sein.

Pränatale Untersuchungen auf genetische Defekte und schwere Erbkrankheiten sollen erlaubt sein. Zudem soll die Leihmutterschaft sowohl bezahlt als auch unbezahlt erlaubt werden, wenn vorher ein schriftlicher Vertrag geschlossen wird.

Die Elternzeit von acht Monaten mit vollem Erwerbsersatz sollen alle erwachsenen Menschen der Familie frei aufteilen können. Um der Gleichstellung Vorschub zu leisten, soll die Elternzeit um einen Monat erhöht werden, wenn kein Elternteil mehr als sechs Monate davon bezieht und nochmal um einen weiteren Monat, wenn kein Elternteil mehr als fünf Monate bezieht.

Für alle Kinder soll es kostenlos Plätze in Kindertagesstätten und Spielgruppen geben. Ausserdem soll es für die ersten drei Jahre nach einer Geburt für ein Recht auf Teilzeitarbeit geben, wobei der Minderverdienst zu 50% vom Staat ausgeglichen werden soll.

Wer kranke, behinderte oder altersschwache Menschen auf deren Wunsch persönlich pflegt, soll dafür vom Staat entschädigt werden.

Kapitel 5: Wissen und Kultur

Wissen und Kultur sollen für alle Menschen frei verfügbar sein. Die Verbreitung soll möglichst keinen Einschränkungen unterliegen. Deshalb wollen wir das Urheberrecht als Monopolrecht abschaffen und durch eine gerechte Vergütung auf Basis der geleisteten Arbeit und des Erfolgs eines Werkes ersetzen. Diese Verfügung soll insbesondere durch eine Abgabe auf Internetzugänge bezahlt werden.

Viele Bücher im Regal einer Bibliothek
 

Als Zwischenschritte streben wir die Beschränkung des monopolartigen Urheberrechts auf die kommerzielle Verwertung von Werken an. Damit wird Verbrauchern ohne Gewinnabsicht schon mal ermöglicht, Inhalte frei zu teilen.

Zusätzlich sollen Werke, die in staatlichen Auftrag oder von Staatsangestellten im Rahmen ihrer Anstellung erstellt werden, gemeinfrei sein. Das gilt insbesondere für alle Publikationen und Arbeiten von Angehörigen von Universitäten. Der Staat soll ausserdem selbst keine unfreien Produkte mehr verwenden dürfen.

Patente wollen wir im Sinne des freien Wissensaustauschs abschaffen, denn es hat sich gezeigt, dass die ursprüngliche Funktion der Patente in diesem Sinne nicht mehr stattfindet.

Kapitel 6: Bildung

Für die Teilhabe ist es essenziell, dass möglichst alle Menschen eine umfassende, aber auch tief gehende Bildung erhalten. Die Bildung muss für alle Menschen unabhängig von ihrem Einkommen oder demjenigen ihrer Eltern zugänglich sein. Die Menschen werden immer älter und die Berufe immer anspruchsvoller. Deshalb ist es wichtig, dass wir zu einem System des lebenslangen Lernens für alle Menschen übergehen.

Mädchen und ältere Frau beim lernen mit vielen Büchern
 

Die Ausbildung aller Stufen inklusive der an Hochschulen und Fachhochschulen soll für alle Menschen gratis sein. Jugendliche und junge Erwachsene sollen zudem für den Besuch von Gymnasien, Hochschulen und Fachhochschulen nicht rückzahlbare Stipendien erhalten. Menschen, die bereits einige Jahre in einem Beruf gearbeitet haben, sollen die Möglichkeit erhalten, eine zweite und später sogar eine dritte Ausbildung zu machen, ohne ihren Lebensstandard senken zu müssen.

Die Qualität der Bildung muss verbessert werden. Deshalb soll an Volksschulen, Gewerbeschulen und Gymnasien es kleinere Klassen mit 15-20 Kinder bzw. Jugendlichen oder jungen Erwachsenen geben. Die Lehrpersonen sollen deutlich besser bezahlt werden, aber auch eine anspruchsvollere Ausbildung durchlaufen müssen. Lehrpersonen im Bachelorstudium sollen nicht mehr zwingend Professoren sein, aber auf jeden Fall eine pädagogische Ausbildung haben.

Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung sowie solche mit Lernschwächen sollen kostenlos einen Chancenausgleich in Form von zusätzlichem Unterricht, Hilfsmittel sowie notwendigenfalls Prüfungserleichterungen erhalten.

Die Schule soll vollständig säkular sein. Religionsunterricht soll überall durch einen Ethikunterricht ersetzt werden. Religiöse Grundschulen sollen verboten, Geistliche nicht mehr als Lehrer zugelassen werden.

Alle an Schulen, auch Fachhochschulen und Universitäten, verwendeten Lehrmittel sollen für jeden Menschen kostenlos herunterladbar und frei verwendbar sein. Alle Vorlesungen auf Hochschulstufe sollen aufgezeichnet werden und ebenfalls frei verfügbar sein.

Kapitel 7: Gesundheitspolitik

Die Gesundheitspolitik muss auf Fakten und rationale Überlegung beruhen. Oberstes Ziel der Gesundheitsversorgung ist das freie, selbstbestimmte Leben aller Menschen.

Stethoskop auf einer Krankenakte
 

In der Gesundheitsbranche können marktwirtschaftliche Prinzipien nicht funktionieren, da jeder Mensch die bestmögliche Behandlung erhalten soll und im Notfall gar nicht in der Lage ist, Angebot zu vergleichen. Menschen können auch schlecht abschätzen, ob sie eine Behandlung brauchen und falls ja welche. Ausserdem muss die Gesundheitsbranche viele Einrichtungen für den Notfall vorhalten, die sich betriebswirtschaftlich nicht rechtfertigen lassen.

Aus diesem Grund soll die gesamte Gesundheitsversorgung, das heisst Spitäler, Kliniken und Ärzte direkt aus Steuergeldern bezahlt werden. Die Krankenkassen sollen abgeschafft und die Gesundheitsversorgung für den Patienten grundsätzlich kostenlos werden. Eine kleine Missbrauchsgebühr auf initiale Arztkonsultationen soll dafür sorgen, dass die Gesundheitsversorgung nicht grundlos in Anspruch genommen wird.

Der staatliche Gesundheitsdienst soll so ausgestattet sein, fast niemand sein Leben oder seine Gesundheit verliert, weil es an Ressourcen fehlt. Anstelle vieler kleiner Spitäler sollen weniger grössere Spitäler treten, die eine bessere und spezialisiertere Gesundheitsversorgung bieten können. Die sogenannte alternative Medizin soll hingegen ausschliesslich privat bezahlt werden.

Es gibt keinen rationalen Grund, nach dem Tod nicht seine Organe zu spenden. Hingegen gibt es zahlreiche Menschen, die für ein Weiterleben auf ein Spenderorgan angewiesen sind. Deshalb soll die Organspende der Normalfall sein und der Wunsch, keine Organe zu spenden, zu Lebzeiten schriftlich festgehalten werden müssen.

Grundsätzlich soll jeder Mensch das Recht haben, sich selbst zu verletzen oder sein Leben zu beenden. Deshalb soll Ärzten die aktive Sterbehilfe erlaubt sein, wenn der Patient über eine gewisse Zeit freiwillig einen konsistenten Sterbewunsch äussert oder wenn er seinen einmal geäusserten Sterbewunsch voraussichtlich bald nicht mehr wird bilden oder äussern können. Ausserdem soll die Fürsorgerische Unterbringung in der Psychiatrie wegen Eigengefährdung nur noch für wenige Tage zulässig sein. Die Zwangsmedikation mit psychoaktiven Medikamenten soll absolut verboten sein.

Kapitel 8: Wettbewerbsrecht

Wir halten Wettbewerb für einen guten Mechanismus für die Innovation von Produkten und Dienstleistungen. In gewissen Bereichen ist aber per se kein Wettbewerb möglich und in anderen Bereichen muss der Staat vermehrt eingreifen, um Wettbewerb zu schaffen.

Viele Container an einem Terminal
 

Im Bereich von Webplattformen wird der Wettbewerb durch den Netzwerkeffekt geschädigt. Aus diesem Grund wollen wir, dass alle grossen Webseiten, insbesondere Soziale Medien und Shops eine freie, offene und standardisierte Schnittstelle anbieten müssen, über welche alle Funktionen der Seite bedienbar sind. Diese Schnittstelle darf nur solchen Beschränkungen unterliegen, die zur Bekämpfung von Spam und Kriminalität unbedingt notwendig sind.

Alle Leitungssysteme, insbesondere Wasser, Strom, Gas, Internet, Schiene und Strasse sollen zu 100% im Staatsbesitz sein und zum Vorteil der Gesellschaft und der individuellen Menschen betrieben werden. Bei Strom, Gas, Internet, Strasse, Schiene und alle anderen Verkehrswege sollen jedoch alle Privatunternehmen zu gleichen Bedingungen ihre Dienstleistungen über das Netz anbieten können.

Alle Internetzugänge, egal ob leitungsbasiert oder mobil, sollen strikte Netzneutralität einhalten. Dazu gehört, dass Datenströme aller Nutzer und aller internetbasierten Dienste gleich behandelt werden müssen. Die Bevorzugung von Dienstklassen mit Echtzeitanforderungen soll nur erlaubt sein, wenn diese Klassen jedem Nutzer und jedem Anbieter von Internetdiensten ohne Aufpreis zur Verfügung stehen. Generell soll es Internetprovidern verboten sein, von Anbietern von Internetdiensten Geld für Durchleitung oder für das Anbieten von Inhalten für die Zugangskunden zu nehmen. Alle Internetprovider, Carrier und Rechenzentren sollen mit jedem anderen solchen Unternehmen kostenlos direkt Datenaustausch machen müssen.

Parallelimporte sollen erlaubt und Bedingungen von Herstellern und Importeuren an Vertriebe und Läden jenseits von Preisen bzw. Umsätzen grundsätzlich verboten sein. Insbesondere soll es Herstellern und Importeuren untersagt sein, gewisse Vertriebe und Läden gar nicht oder zu diskriminierenden Bedingungen zu beliefern.

Teil II: Freiheit

Wir sind der Überzeugung, dass ökonomische Wohlfahrt nur dann von Bedeutung sind, wenn die Menschen im Grossen und Ganzen frei sind. Frei insbesondere ihr Glück auf ihre ganz eigene Weise zu suchen. Frei aber auch, über die sie betreffende Gemeinschaft mitzubestimmen, frei von Manipulation und Überwachung. Die Grenze der Freiheit kann nur dort liegen, wo die Freiheit und Lebensgrundlagen eines anderen Menschen beginnen.

Kapitel 1: Meinungsfreiheit

Die Freiheit, sich frei eine kritische Meinung zu bilden, diese Meinung in allen Formaten zu verbreiten und zu empfangen, ist für die für eine Demokratie zentrale Freiheit. Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind immer in besonderem Masse rechtfertigungsbedürftig.

Demonstratin mit Megaphon
 

Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenze vor allem an der Menschenwürde. Insbesondere die Idee, gewisse Menschen seien qua Geburt weniger wert als andere verletzt die Menschenwürde und ist deshalb untolerierbar. Aus diesem Grund muss die Herabwürdigung von Menschen aufgrund ihrer geografischen oder sozialen Herkunft, der Religion, ihrer Geschlechtsidentität oder ihren sexuellen Vorlieben verboten sein. Ebenso wenig darf Hetze gegen solche Gruppen, und sei sie auch noch so wohlklingend verpackt, toleriert werden. Aus diesem Grund muss die Diskriminierungsstrafnorm auf die Herabwürdigung von trans- und intersexuellen Menschen erweitert und auch strenger gegen unspezifische Verleumdung und Ausgrenzung gegen Ausländer, Geflüchtete und Asylsuchende werden.

Hingegen soll der Glaube an Gott als solches nicht mehr strafrechtlich geschützt sein, denn Religiosität ist nicht schützenswerter als andere Ideologien.

Für die Meinungsfreiheit ist es zentral, dass jeder Mensch die Meinung auch anonym äussern kann. Gerade für Angehörige benachteiligter Gruppen ist dies besonders wichtig. Gleichzeitig sind Verleumdungen, Beschimpfungen und Drohungen im Internet ein ernstes Problem, gerade für Angehörige benachteiligter Gruppen.

Die Lösung kann aber nicht darin bestehen, dass Soziale Netzwerke und andere Webseitenbetreiber durch Haftungs- oder Filterverpflichtungen zu Hilfssheriffs ohne rechtsstaatliche und demokratische Kontrolle gemacht werden. Stattdessen sollen Staatsanwälte die Löschung strafrechtlich relevanter Inhalte auf Sozialen Medien und Webseiten veranlassen und in schweren Fällen auch Benutzerkonten sperren können. Dabei ist jeder Eingriff öffentlich zu begründen, sodass sich der Urheber entscheiden kann, mit Namen hinzustehen und seine Äusserung zu verteidigen. Verbotene Äusserungen, die namentlich erfolgt sind, sollen nicht auf diese Weise gelöscht werden können, sondern durch normale Strafverfolgung und Verwaltungszwang.

Bestrebungen, auf Sozialen Medien und Webseiten eine Vorzensur einzuführen, sind abzulehnen, weil eine Äusserung erst mal möglich sein muss, auch wenn sie möglicherweise verboten ist. Insbesondere darf die Vorzensur auf keinen Fall automatisiert stattfinden, da Uploadfilter nicht in der Lage sind, achtenswerte Gründe für eine Äusserung angemessen zu berücksichtigen.

Kapitel 2: Rechtsstaatlichkeit

Die Herrschaft des Rechts ist, was die Demokratie von der Tyrannei der Mehrheit abgrenzt. Die Rechtsstaatlichkeit dient dem Schutz des Individuums und der Minderheiten vor der Übermacht des Staates und der Gesellschaft. Ein faires Verfahren schützt ausserdem vor Fehlentscheidungen und verschafft dem Ergebnis Legitimität.

Gebäude des Bundesgerichts
 

Aus diesem Grund darf keine Handlung eines staatlichen Organs der Beurteilung durch ein unabhängiges Gericht entzogen sein. Insbesondere wollen wir, dass auch die Akte von Parlament und Bundesrat justiziabel sind. Ein neu zu schaffendes Verfassungsgericht soll alle Gesetze und die Kantonsverfassungen auf ihre Vereinbarkeit mit der Bundesverfassung prüfen können und bei Unvereinbarkeit ihre Anwendung beschränken oder die Gesetze für nichtig erklären können.

Wir beobachten mit Sorge, dass Parlament und Regierung die Verfassung, insbesondere die Grundrechte, wenig achten. Deshalb muss die Verfassung durch ein Schweizer Verfassungsgericht durchgesetzt werden, indem verfassungswidrige Bundesgesetze kassiert werden. Wir sind überzeugt, dass durch die Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit auch die Volksrechte gestärkt werden. Ein dediziertes Verfassungsgericht hat den Vorteil, dass es speziell berufen ist, die Verfassung durchzusetzen und Grundrechten zu Geltung zu verhelfen, statt wie ein traditionelles Gericht in erster Linie Gesetze anzuwenden.

Leider ist es um die Unabhängigkeit der Richterinnen in der Schweiz wegen der Wahl nach Parteibuch und insbesondere der Wiederwahl von Richterinnen nicht gut bestellt. Deshalb wollen wir, dass die Richterinnen zukünftig auf Lebenszeit gewählt werden und nur bei Verfehlungen durch ein Gericht ihres Amtes enthoben werden können. Um einer Versteinerung der Rechtssprechung vorzubeugen, sollen die Richterinnen an den obersten Gerichten nach einer festen Amtszeit von zwölf Jahren wieder an untere Gerichte zurückkehren müssen. Ab Erreichen des normalen Pensionsalters sollen die Richterinnen in Pension gehen dürfen, aber nicht müssen.

Um die Unabhängigkeit und die demokratische Legitimation der Richterinnen sicherzustellen, sollen diese direkt vom Volk gewählt werden. Dabei soll die Notwendigkeit eines Zweidrittelmehrs dafür sorgen, dass keine extremen Kandidaten gewählt werden. Ausserdem muss die Wahlwerbung streng reglementiert werden, um Einfluss von Geld auszuschliessen. Dies soll auch für alle Fachgerichte gelten.

Die Richterinnen sollen auf Antrag des Parlaments durch ein Gericht des Amtes enthoben werden können, falls sie sich einer schweren Amtspflichtverletzung schuldig gemacht haben oder nicht mehr in der Lage sind, ihr Amt auszuüben.

Gerichte sind häufig auch institutionell nicht unabhängig genug von der restlichen Verwaltung. Die Justiz soll deshalb in allen Kantonen völlig getrennt von der Verwaltung organisiert werden, auch was Gebäude, Informationstechnik und Personal angeht. Die Gerichtsgebäude sollen zudem einen räumlichen Abstand zu Verwaltungsgebäuden einhalten, um den geistigen Abstand zu befördern.

Grosse Sorgen bereitet uns auch, dass der Zugang zum Recht für weite Teile der Bevölkerung aufgrund der horrenden Kosten fast unmöglich ist. Dem wollen wir damit begegnen, dass statt Gerichtskosten nur noch eine Strafgebühr für mutwilliges Prozessieren erhoben wird. Im Zivilprozess soll der Verlierer die Gegenseite nur noch entschädigen müssen, wenn er mutwillig prozessiert hat oder wirtschaftlich deutlich Leistungsfähiger ist. Dies aber unabhängig davon, ob der Gewinner anwaltlich vertreten war oder nicht. Im Verwaltungsverfahren soll die siegreiche nicht-staatliche Partei in jedem Fall entschädigt werden.

Menschen mit geringem Einkommen und Vermögen sollen unentgeltlich durch einen Anwalt vertreten werden, falls ihr Anliegen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Ob dies der Fall ist, soll eine von den Gerichten unabhängige Stelle beurteilen.

Im Verwaltungsrecht geht der Rechtsweg oft durch mehrere nicht unabhängige Verwaltungsinstanzen. Dies verzögert und verteuert die Suche nach dem Recht. Oft ist es zudem so, dass verwaltungsinterne Instanzen politisch motiviert oder angewiesen sind. Deshalb soll jeder Mensch das Recht haben, bereits den ersten Entscheid einer Verwaltungsinstanz vor einem unabhängigen Gericht anzufechten. Einsprachen soll es nur noch von Personen geben, die bisher an der Rechtssache nicht beteiligt waren, zum Beispiel bei Baugesuchen. Um dieser Forderung gerecht zu werden, sollen Bund und Kantone eine untere Verwaltungsgerichtsinstanz einführen.

Kapitel 3: Strafrecht

Das Strafrecht ist notwendig, um ein Abgleiten der Gesellschaft in die Anarchie zu verhindern. Das Streben nach absoluter Sicherheit auf Kosten der Grundrechte unsympathischer Menschen ist jedoch fehlgeleitet. Bei jedem Straftatbestand muss aber gefragt werden, ob er ein wichtiges Rechtsgut schützt und ob dies optimal geschieht.

Vergittertes Fenster
 

Straftatbestände, die bloss eine Moralvorstellung schützen, sind abzuschaffen. Dazu gehört der insbesondere Blasphemietatbestand. Auch die Kriminalisierung von Inzest beruht auf überkommenen Moralvorstellungen. Stattdessen braucht es Aufklärung über die möglichen Folgen für durch nahe Verwandte gezeugte Kinder. Auch die Prostitution soll in einem eigenen Gesetz mit Fokus auf die Freiheit und Sicherheit der Sexarbeitenden geregelt werden, statt durch die Normierung im Strafgesetz stigmatisiert zu werden.

An anderer Stelle besteht jedoch auch Verschärfungsbedarf: So ist die Folter als Angriff auf die Würde einen Menschen nicht strafbar, sondern lediglich die Körperverletzung als Kollateralschaden. Auch der digitale Geheim- und Privatbereich ist ungenügend geschützt, da der Gesetzgeber zu fest auf das Eigentum statt die Privatsphäre fokussiert ist. Persönliche Daten und Kommunikation müssen vor unerlaubtem Zugriff und Missbrauch strafrechtliche geschützt werden. Besonders stark soll dieser Schutz für intime oder besonders schützenswerten Daten sowie persönliche digitale Endgeräte, welche wir als Erweiterungen unseres Gehirns betrachten. Das Post- und Fernmeldegeheimnis soll auf alle im Auftrag von anderen Menschen gespeicherten oder verarbeiteten private Daten ausgeweitet werden.

Die Straftatbestände der sexuellen Nötigung, Vergewaltigung und Schändung sollen zu einem Straftatbestand der sexuellen Handlung ohne Zustimmung verschmolzen werden, die neu auch Menschen schützt, die den Sex erkennbar nicht wollen, sich aber nicht wehren.

Wir sehen den Hauptzweck von Strafen daran, die gesetzestreuen Menschen in ihrer Gesetzestreue zu bestätigen und Selbstjustiz zu verhindern. Die Strafen dürfen daher zwar nicht lächerlich gering ausfallen, sollen aber auch nicht übertrieben drakonisch sein, da eine Abschreckung mit immer längeren Haftstrafen nicht funktioniert. Ausserdem soll jeder noch so schlimme Straftäter Gelegenheit zur Besserung und Reintegration erhalten. Aus diesem Grund lehnen wir potenziell ewige Strafen wie die lebenslängliche Freiheitsstrafe ab. Auch die Landesverweisung als zusätzliche Strafe nur für ausländische Staatsangehörige soll abgeschafft werden.

Die Strafhöhen sollen sich ausserdem mehr an der Wichtigkeit der Rechtsgüter orientieren. Folter, Vergewaltigung, schwere Kindesmisshandlungen sowie Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sollen als schwerste Angriffe auf die Menschenwürde die höchste Strafandrohung erhalten. Delikte gegen die Freiheit und den Geheim- und Privatbereich von Menschen solle generell schwerer bestraft werden als blosse Vermögensdelikte.

Die lebenslange Verwahrung und die stationäre therapeutische Massnahme sollen abgeschafft werden. Eine Verwahrung soll jedes Jahr geprüft und nur dann fortgesetzt werden dürfen, wenn jeweils zwei neue, voneinander unabhängige Experten zum Schluss kommen, vom verwahrten Menschen gehe immer noch eine grosse Gefahr für andere Menschen aus. Jeder Inhaftierte oder verwahrte Mensch mit Verhaltensauffälligkeiten oder Suchtproblemen soll das Recht haben, therapiert zu werden. Ausserdem muss dem Grundsatz, dass die Verwahrung keine Strafe ist, auch in der Praxis gefolgt werden: Verwahrte Menschen sind so komfortabel wie durchschnittliche Einwohner unterzubringen und die Kommunikation ist nur soweit einzuschränken, wie die Sicherheit es unbedingt erfordert.

Unternehmen sollen für Delikte, welche die Mitarbeiter bei der Arbeit mit dem Ziel, den Unternehmenserfolg zu fördern, begangen haben und von denen die Führungsorgane hätten wissen müssen, direkt bestraft werden. Bei Verbrechen und Vergehen soll das Unternehmen zusätzlich bestraft werden, bei Übertretungen anstelle des Mitarbeiters. Die Strafe des Unternehmens soll in Prozent des weltweiten Jahreskonzernumsatzes bemessen werden, wobei das Maximum von 100% einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren entspricht.

Das Verwaltungsstrafrecht ist heute quasi ein zweites Strafrecht, das nach teilweise anderen Regeln funktioniert, welche obendrein unklar und verwirrend sind. Diese Straftaten werden ausserdem von Behörden verfolgt, deren Kernkompetenz nicht das Strafrecht ist. Aus diesem Grund soll das Verwaltungsstrafrecht abgeschafft und alle Delikte den Regeln des Strafgesetzbuches folgen und ausschliesslich von Staatsanwaltschaften verfolgt werden.

Kapitel 4: Strafprozess

Der Staat darf Menschen nur dann bestrafen, wenn nach einem umfassenden und fairen Verfahren ein unabhängiges Gericht zur Auffassung gelangt, dass die Schuld des Angeklagten zweifelsfrei bewiesen ist. Dieser Maxime wollen wir wieder Geltung verschaffen und unfaire Abkürzungen aus dem Strafverfahren verbannen.

Handschellen und Fingerabdrücke auf Papier
 

Der Strafbefehl soll abgeschafft werden, denn er vereint Ankläger und Richterin in einer Person. Auch der sogenannte Deal soll abgeschafft werden, denn der Schuldbeweis ist nicht Verhandlungssache. Stattdessen soll in jedem Fall, in dem mehr als eine Katalogbusse droht, eine unabhängige Richterin entscheiden. Ausserdem soll das Verwaltungsstrafrecht abgeschafft werden und alle Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft eingeleitet werden. Eine Ausnahme soll nur gelten, wenn ein Polizist oder zuständiger Beamter vor Ort eine Busse von höchstens 300 Franken ausspricht.

Die Beratung eines Urteils mit mehr Richterinnen führt in der Regel zu besseren Urteilen. Deshalb soll die Einzelrichterin nur noch Bussen, Geldstrafen und bedingte Freiheitsstrafen aussprechen dürfen. Beantragt die Staatsanwaltschaft hingegen eine unbedingte Freiheitsstrafe, soll ein Kollegialgericht mit drei Richterinnen, im Falle einer beantragten Freiheitsstrafe von mehr als vier Jahren ein Kollegialgericht mit fünf Richterinnen zuständig sein.

Richterinnen können am fairsten entscheiden, wenn sie die Zeugen selbst befragt haben und selbst die Antworten auf Fragen des Staatsanwalts und des Verteidigers gehört haben. Aus diesem Grund soll im Strafverfahren, anders als heute, das Unmittelbarkeitsprinzip gelten, das besagt, dass Zeugenaussagen grundsätzlich in der Hauptverhandlung von allen urteilenden Richterinnen gehört werden müssen. Eine Pflicht, als Zeuge auszusagen, soll es nur noch vor Gericht geben. Eine Ausnahme solle es für Kinder geben, die nur einmal durch eine Fachperson befragt werden, welche auch die Fragen der Anwälte und Richterinnen stellt.

Alle Befragungen von Zeugen durch die Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichte und psychiatrische Gutachter sollen zwingend auf Video aufgezeichnet werden, um unklare, inkonsistente oder verfälschende Protokolle und Berichte zu verhindern. Anklage und Verteidigung sollen während des gesamten Strafverfahrens Zugang zu den Videoaufzeichnungen haben.

Ein Strafverfahren darf nicht überrumpelnd sein. Aus diesem Grund wollen wir die Regel einführen, dass eine beschuldigte Person frühstens eine Woche nachdem der Vorwurf erhoben wurde, vernommen werden darf, ausser ein Verteidiger ist anwesend.

Das Strafverfahren ist für beschuldigte Personen belastend und darf deshalb nicht länger als unbedingt notwendig dauern. Dabei ist es Aufgabe des Staates, genügend Ressourcen für Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte zur Verfügung zu stellen, um dieses Ziel zu erreichen. Deshalb sollen Vorwürfe verjähren, falls ein Jahr nach deren Mitteilung noch kein erstinstanzliches Urteil gesprochen ist. Danach soll der Vorwurf verjähren, wenn das Rechtsmittelverfahren nicht spätestens nach einem weiteren Jahr abgeschlossen ist. Wird das Verfahren mangels Beweisen eingestellt, so soll es bei Verbrechen später wieder aufgenommen werden können, falls neue Beweismittel auftauchen.

Die Verteidigung gegen strafrechtliche Vorwürfe ist teuer, sodass sich viele Menschen aus finanziellen Gründen nicht richtig verteidigen können. Aus diesem Grund soll der Staat die Anwaltskosten in genügender Höhe vorschiessen müssen. Wenn das Strafverfahren nicht mit einem Schuldspruch endet, muss der vormals Beschuldigte vom Staat in jedem Fall so entschädigt werden, dass nicht nur seine Anwaltskosten gedeckt, sondern er auch für verlorene Lebenszeit entschädigt wird. Wird jemand verurteilt, so sind die Verfahrens- und Anwaltskosten häufig höher als die Geldstrafe. Dies darf insbesondere bei knappen finanziellen Verhältnissen nicht sein. Deshalb sollen sich die auferlegten von Verfahrens- und Anwaltskosten nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der verurteilten Person richten.

Oft spielt die staatliche Ermittlungsbehörde nicht nach den gesetzlichen Regeln. In diesen Fällen sollen die unrechtmässig erhobenen Beweismittel und alles, was daraus folgt, in jedem Fall unverwertbar sein.

Wer von einem Grundrechtseingriff, insbesondere einer Hausdurchsuchung oder Überwachungsmassnahme im Rahmen eines Strafverfahrens betroffen ist, ohne später verurteilt zu werden, soll dafür finanziell entschädigt werden. Die Haftentschädigung soll so weit angehoben werden, dass nicht nur der Verdienstausfall einer durchschnittlichen Person, sondern auch der Freiheitsentzug als solcher entschädigt wird. Diese Entschädigungspflichten des Staates haben den schönen Nebeneffekt, Grundrechtseingriffe teurer zu machen und damit dazu beizutragen, diese sparsamer anzuwenden.

Es muss auch endlich in der Praxis ankommen, dass die Untersuchungshaft keine Strafe ist. Daher müssen Personen in Untersuchungshaft so komfortabel untergebracht sein wie ein durchschnittlicher freier Mensch. Die Kommunikation und Kontakt aus der Untersuchungshaft dürfen nur insoweit eingeschränkt oder überwacht werden, als tatsächlich die Kollusions- oder Ausbruchsgefahr besteht. Einzelhaft muss die absolute Ausnahme sein und darf niemals für mehr als drei Tage pro Woche angewendet werden.

Die Bundesanwaltschaft soll als Kollegialbehörde mit sieben Mitgliedern ausgestaltet werden. Die Mitglieder sollen vom Volk individuell für eine Amtszeit von 12 Jahren gewählt werden. Die Wiederwahl soll ausgeschlossen werden. Die Bundesanwälte sollen auf Antrag der Bundesversammlung durch das Bundesgericht des Amtes enthoben werden können, wenn sie ihre Amtspflicht schwerwiegend verletzt haben oder nicht mehr in der Lage sind, ihr Amt auszuüben.

Die aktuelle Ausgestaltung des Militärstrafprozesses bietet für die Verteidigung einige wichtige Vorteile, die wir wie oben beschrieben ins bürgerliche Strafrecht aufnehmen wollen. Eine Sonderjustiz in Uniform erweckt jedoch immer einen parteiischen Eindruck. Deshalb soll die Militärjustiz abgeschafft werden und neu das Bundesstrafgericht für Strafverfahren gegen Angehörige der Armee zuständig sein.

Kapitel 5: Datenschutz

Datenschutz verfolgt zwei wichtige Ziele: den Schutz der informationellen Selbstbestimmung und der Privatsphäre der Menschen sowie den Erhalt einer freien und demokratischen Gesellschaft. Letzteres Ziel erfordert Datenschutz, da Menschen unter ständiger Überwachung nicht frei und selbstbestimmt handeln können und für Manipulation anfällig werden. Dieses Ziel erfordert auch, dass der einzelne Mensch in gewisse Verarbeitungen seiner personenbezogenen Daten nicht einwilligen kann.

Gesperrtes Smartphone
 

Die Schweiz soll wie die Europäische Union mit der Datenschutzgrundverordnung das Marktortprinzip einführen, d. h. dass Schweizer Datenschutzrecht gilt, wenn sich ein Angebot an Menschen in der Schweiz richtet, unabhängig davon, wo der Anbieter seinen Sitz, seine Niederlassung oder seine Server hat. Anders als in der EU sollen immer die Datenschutzbehörden am Wohnort des Konsumenten zuständig sein, damit sich ein Datenverarbeiter nicht die laschste Datenschutzbehörde suchen kann.

Der Handel mit Personendaten, das Tracking zu Werbe- und Analysezwecken ist häufig unerwünscht und soll deshalb verboten sein, ausser der Benutzer hat explizit eingewilligt (Opt-In). Die Einwilligung darf weder Voraussetzung für die Benutzung eines Angebots sein, noch in irgendeiner Form belohnt werden. Es muss dem Benutzer möglich sein, Fragen nach dem Opt-In mit einem technischen Mittel wie Do-Not-Track verbindlich auf allen Angeboten auszublenden.

Die automatisierte Analyse von menschlichen Neigungen, Gefühlen, Persönlichkeitsmerkmalen und Ansichten erfüllen keine gesellschaftlich vorteilhafte Funktion, bringen aber die Gefahr der dauernden und immer tiefgehenderen Überwachung und Manipulation mit. Aus diesem Grund sollen diese Formen der Datenverarbeitung generell verboten werden. Nur zu wissenschaftlichen Zwecken begleitet von einem unabhängigen Ethikgremium und mit schriftlicher Einwilligung nach persönlicher Information durch das Ethikgremium soll dies erlaubt sein.

Die Videoüberwachung im öffentlichen Raum bringt kaum Sicherheit, stört aber die freie Entfaltung erheblich. Das gilt insbesondere, wenn Gesichtserkennung oder andere Biometrie zum Einsatz kommt. Aus diesem Grund soll die Videoüberwachung im öffentlichen Raum durch Private und Behörden nur zulässig sein, keine Personen erkennbar sind und dies im öffentlichen Livestream nachprüfbar ist. An besonders gefährlichen Orten wie Strassentunneln sollen Videoüberwachungen zulässig sein, wenn nur im Notfall aufgezeichnet wird. Die besonders invasiven Überwachungstechniken der automatisierten Gesichtserkennung sowie andere biometrischer Verarbeitung von Videos sollen ohne Ausnahme verboten werden.

Bei der Datenverarbeitung braucht es mehr Transparenz. Aus diesem Grund sollen alle Datenverarbeiter jeden betroffenen Menschen einmal im Jahr mit dem Datenbrief über die Datenverarbeitung informieren müssen, wenn eine Postanschrift oder hilfsweise eine Mailadresse vorhanden ist. Das Auskunftsrecht soll neu auch die Benennung sämtlicher Dritter, an welche Daten weitergegeben wurden, umfassen. Onlineanbieter sollen zwingend ein standardisiertes API zur Abfrage, Korrektur und Löschung der Personendaten anbieten müssen.

Für einen wirksamen Datenschutz braucht es auch mehr Datensicherheit. Aus diesem Grund sollen Grossunternehmen und Behörden, welche Kommunikation per E-Mail, Chat oder Voice anbieten, diese Kanäle auch mit einem offenen Protokoll Ende-zu-Ende verschlüsselt anbieten müssen.

Um die mangelnde Durchsetzung des Datenschutzes zu beheben, soll die neue, fünfköpfige Datenschutzbehörde direkt vom Volk gewählt werden, ein Budget von 0.01% des BIP erhalten und bei Datenschutzverstössen Bussen bis zu 10% des jährlichen weltweiten Konzernumsatzes aussprechen können. Ausserdem sollen verletzte Personen zusätzlich zum Schadenersatz auch Genugtuung für Datenschutzverletzungen verlangen können.

Kapitel 6: Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit

Wir sind der Meinung, dass die Freiheit, sich überall auf der Welt zu bewegen und niederzulassen, essenziell ist. Zudem ist die einzige Alternative angesichts der Millionen von Menschen, welche in Verzweiflung vor Krieg und Klimakatastrophe auf der Flucht sind, unmenschliche Härte gegen diese Menschen. Deshalb soll die Grenze für alle Menschen geöffnet werden und jeder Mensch, der in der Schweiz eine Zukunft aufbauen möchte, willkommen geheissen werden.

Anschrift "Passkontrolle"
 

Gegner der freien Migration wenden immer wieder ein, die Schweiz und Europa könnten nicht jeden Menschen aufnehmen, der hierher flüchten wolle. Dies trifft nicht zu, denn die meisten Menschen wollen grundsätzlich in ihrer Heimat bleiben, solange es dort eine Zukunft für sie gibt. Sehr viel ärmere Länder haben sehr viel mehr Geflüchtete aufgenommen, ohne wirtschaftlich zugrunde zu gehen oder ihre kulturelle Identität zu verlieren. Die beobachteten Probleme hingegen rühren in erster Linie von Intoleranz und Rassismus her.

Die Schweiz kann von Einwanderung wirtschaftlich und kulturell enorm profitieren. Voraussetzung ist, dass die Einwanderer gut behandelt und in den Arbeitsmarkt integriert werden. Integration soll aber nicht heissen, die eigene Kultur aufzugeben, sondern nur die schweizerische Kultur zu respektieren und mit denen, die schon länger in der Schweiz sind, normal zu interagieren.

Die Einbürgerung soll jedem Menschen offen stehen, der drei Jahre in der Schweiz gelebt hat, eine Landessprache spricht und weder wegen Verbrechen noch wegen wiederholten Vergehen verurteilt wurde. Einbürgerungstests mit Volklorewissen, welches auch vielen Schweizer Bürgerinnen fremd ist und willkürliche Verfahren mit politischer Färbung sollen abgeschafft werden. Ehegatten und Kindern von Schweizer Bürgern sollen ohne weitere Voraussetzung eingebürgert werden.

Kapitel 7: Freiheit vor Überwachung

Allgegenwärtige und besonders tiefgehende Überwachung schafft einen Chilling Effekt für die Ausübung unserer Freiheiten. Deshalb müssen diese Überwachungsmethoden von Strafverfolgern und Geheimdiensten verboten werden.

Überwachungskamera
 

Massenüberwachung ist jede Überwachung, die Daten sehr vieler Menschen aufzeichnet, gegen welche kein Anfangsverdacht einer Straftat besteht. Dazu zählen insbesondere die Vorratsdatenspeicherung, die Videoüberwachung in der Öffentlichkeit und IMSI-Catcher.

Um der Massenüberwachung möglichst für immer einen Riegel vorzuschieben, soll in der Bundesverfassung das Grundrecht festgehalten werden, frei von Überwachung zu sein, welche ohne den Anfangsverdacht einer konkreten Straftat initiiert wurde. Das Grundrecht soll auch eine Leistungspflicht des Staates zur Verhinderung von solcher Überwachung durch fremde Staaten vorsehen.

Die persönlichen Datenverarbeitungsgeräte eines Digitalmenschen, etwa Mobiltelefone, Tablets und persönliche Computer, betrachten wir als dessen ausgelagertes Gehirn. Aus diesem Grund müssen diese Geräte dem Zugriff des Staates absolut entzogen sein. Darüber hinaus müssen Staatstrojaner absolut verboten sein, denn sie gefährden die Sicherheit aller Nutzer des Internets bzw. vom Digitalgeräten. Auch dieses Grundrecht auf absoluten Schutz der Vertraulichkeit und Integrität persönlicher Datenverarbeitungsgeräte soll in die Bundesverfassung aufgenommen werden.

Zudem soll das Grundrecht auf Verschlüsselungsfreiheit in der Verfassung aufgenommen werden und jedem Menschen das Recht garantieren, seine Daten nach Belieben zu verschlüsseln und Schlüssel unter keinen Umständen an Behörden herausgeben zu müssen. Anbietern von verschlüsselnden Produkten soll das Recht garantiert werden, ihre Produkte frei von staatlichem Einfluss auf die Verschlüsselung zu entwickeln, vertreiben und bewerben.

Die Geheimdienste sollen abgeschafft werden, denn ihre Eingriffe in Grundrechte stehen in keinem Verhältnis zu ihrem Nutzen. Solange es aber Geheimdienste gibt, müssen diese durch ein direkt vom Volk gewähltes Aufsichtsorgan kontrolliert werden. Dieses Aufsichtsorgan soll unbeschränkten und jederzeitigen Zugriff auf alle Informationen, Systeme und Mitarbeiter der Nachrichtendienste haben. Es soll das unbeschränkte Recht haben, Informationen über die Arbeit der Geheimdienste nach eigenem Ermessen zu publizieren, Whistleblower mit Immunität auszustatten und Strafanzeige gegen fehlbare Mitarbeiter zu veranlassen.

Ausserdem soll es Schweizer Behörden verboten werden, mit ausländischen Geheimdiensten zu kooperieren, die systematisch Menschenrechte verletzen oder keiner wirksamen Kontrolle unterliegen.

Kapitel 8: Milizdienst

Wir sind überzeugt, dass in die Freiheit des einzelnen Menschen zugunsten der Allgemeinheit nur soweit eingegriffen werden darf, wie es zwingend notwendig ist. Nicht notwendig ist es, Menschen zu einer Arbeit oder einem Dienst zu zwingen, denn es besteht immer die Möglichkeit, notwendige Arbeit, auch solche, die gefährlich oder unangenehm ist, so zu entschädigen, dass sich Freiwillige finden. Aus unserer Sicht sind nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit progressive Steuern auf jeden Fall das mildere Mittel als ein Zwangsdienst.

Rettungsdienste bei einer Einsatzbesprechung
 

Aus diesem Grund soll sämtlicher Pflichtdienst, insbesondere die Wehrpflicht, abgeschafft werden. Für Notlagen wesentliches Personal wie Militär, Zivilschutz, Feuerwehr, Sanität und Pflege soll in einer freiwilligen Miliz organisiert werden, die so entschädigt wird, dass sich genügend Menschen freiwillig melden. Die Freiwilligen sollen ausserhalb von Notlagen auch die Möglichkeit haben, den Milizdienst zu quittieren.

Der Dienst in Milizorganisationen soll zur Beurlaubung beim Arbeitgeber berechtigen und auch einen Kündigungsschutz mitbringen. Die Bezahlung für den Dienst soll jedoch ausschliesslich aus Steuermitteln erfolgen. Die Milizorganisationen sollen für den Ernstfall ausgerüstet werden und regelmässig Übungen abhalten.

Kapitel 9: Frieden und Sicherheit

Damit die Menschen ihre Freiheit ausleben können, müssen sie auch in Frieden und Sicherheit leben können. Um den Frieden zu erhalten, ist eine gewisse Verteidigungsmöglichkeit von Vorteil, übermässige Aufrüstung oder gar ein Wettrüsten, aber schädlich.

Japanische Firedensglocke
 

Für die Schweiz als kleines Land im seit langer Zeit friedlichen Westeuropa muss aber klar sein, dass eine Abschreckung der Grossmächte ebenso wenig möglich ist, wie Sieg in einem begrenzten Krieg mit den grossen Nachbarstaaten. Auch eine Teilnahme bei der NATO kommt nicht infrage, da diese regelmässig an unnötigen Kriegen teilnimmt und zudem dem Wettrüsten der Grossmächte Vorschub leistet.

Aus diesen Gründen ist die Schweiz mit einer kleinen Armee mit rund 10’000 freiwilligen Milizangehörigen und ohne teure Waffensysteme wie Kampfjets, Kampfpanzer und Panzerhaubitzen gut bedient. Diese Kleinarmee reicht aus, eine Verletzung der Gebietshoheit unattraktiv zu machen und im Notfall eine Bundesintervention in einem Kanton vorzunehmen. Die Hilfsaufgaben der Armee bei Naturkatastrophen sollen zivile Milizorganisationen wie der Zivilschutz übernehmen.

Bewaffnete Auslandseinsätze dienen dem Frieden nicht und verschlingen Geld, das besser für zivile Hilfsprojekte ausgegeben werden kann. Zudem bringen selbst Friedensmissionen immer das Dilemma mit, ob im Ernstfall ein Krieg riskiert oder eine bedrohte Minderheit im Stich gelassen werden soll.

Kapitel 10: Glaubens- und Gewissensfreiheit

Wir sind der Überzeugung, dass Religion Privatsache ist, aus der sich der Staat raushalten sollte. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit bedeutet für uns nicht nur, dass jeder Mensch einen Glauben frei auswählen oder ausüben kann, sondern auch, dass keinem Menschen ein Glaube aufoktroyiert wird.

Karte mit Ethik als Ortschaft
 

Staat und Kirche sollen komplett getrennt werden. Die Landeskirchen sind in privatrechtliche Formen, etwa einen Verein, zu überführen. Die Kirchensteuer soll abgeschafft werden, denn Vereinigungen sind für die Erhebung ihrer Mitgliederbeiträge selbst zuständig. Die Religionszugehörigkeit soll durch staatliche Stellen nicht mehr erfasst werden.

Die Behörden sollen religionsfrei sein. Das heisst, sie dürfen Religion weder fördern noch feiern noch zur Schau stellen. Religiöse Symbole haben entsprechend nichts in staatlichen Behörden und öffentlichen Gebäuden verloren. Die Staatsbediensteten sollen bei der Arbeit ebenso wenig religiöse Symbolik tragen dürfen.

Die Schulen sollen auf Religionsunterricht und religiöse Elemente vor, während und nach dem Unterricht verzichten. In der Schule soll rationales Wissen und Fähigkeiten vermittelt werden. Ein informierender Unterricht über Religionen und Religiosität sowie ethisches Verhalten soll hingegen erlaubt sein.

Jeder Mensch soll das Recht selbstbestimmt haben, einen Glauben zu wählen oder darauf zu verzichten. Aus diesem Grund soll es insbesondere verboten sein, Kinder religiös zu erziehen oder zu schulen.

Nur nach Erreichen der Religionsmündigkeit mit 16 Jahren oder durch einen einfachen Test mit Fragen zu Ethik und verschiedenen Religionen soll einer Religionsgemeinschaft beitreten und an religiösen Praktiken teilnehmen können.

Wer zu Hass oder zum Kampf gegen oder zur Bekehrung von Ungläubigen oder Andersgläubigen aufruft, soll bestraft werden. Organisationen, welche dies im Ausland tun, soll jedes tätige und finanzielle Engagement in der Schweiz verboten werden.

Teil III: Zukunft

Wir sind der Meinung, dass Politik nicht nur die nächsten paar Jahre, sondern die nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte im Blick haben muss. Es ist genauso wichtig, dass zukünftige Generationen eine lebenswerte Welt vorfinden, wie dass wir jetzt in Wohlstand leben.

Kapitel 1: Klimaschutz

Die Abwendung der Klimakatastrophe ist die grosse Herausforderung unserer Zeit. Sie kann nur durch eine Kombination aus Verzicht, Umstellung auf neue Alternativen, Rückbindung und Speicherung von CO₂ sowie Schutzmassnahmen erreicht werden. Die Schweiz kann zwar das Klima nicht alleine retten, aber sie ist als kleines und reiches Land prädestiniert dafür, Wege aufzuzeigen, denen andere Folgen können. Deshalb soll bei der Umsetzung der folgenden Massnahmen nicht auf andere Länder gewartet werden.

Erdball vom Weltraum aus gesehen
 

Verzicht und die Umstellung auf neue Alternativen sollen durch eine massive und jährlich steigende Abgabe auf den Ausstoss von Klimagasen erreicht werden. Die Abgabe soll grundsätzlich auf jeden von einem Einwohner der Schweiz verursachten Ausstoss erhoben werden. Darunter fallen in der Schweiz konsumierte Produkte, der Verbrauch von Benzin, Diesel, Kerosin, Heizöl, Gas und importiertem Strom aus nicht erneuerbaren Energien, aber auch Auslandsreisen von Einwohnern. Die Abgabe soll die Herstellung, Verwendung, Transport und Recycling des Produktes beinhalten. Die Abgabe soll in dem Masse reduziert werden, wie auf demselben Produkt bereits im Ausland eine vergleichbare Abgabe erhoben wird. Darüber hinaus soll es keine Ausnahmen geben. Die gesamte Abgabe soll pro Kopf direkt an alle Menschen in der Schweiz ausbezahlt werden und damit einen Beitrag zur Abfederung der Last für niedere Einkommen und zur Akzeptanz leisten.

Der öffentliche Verkehr soll mit Steuermitteln massiv ausgebaut werden, damit möglichst viele Menschen auf ein Auto verzichten können. Zudem sollen Velowege auf Kosten der Strasse ausgebaut werden. Alle Investitionen in neue Strasse und Autoparkplätze sollen eingestellt werden.

Solar-, Wind- und Wasserkraft soll überall dort ausgebaut werden, wo es klimatechnisch sinnvoll ist. Der Landschafts- und Naturschutz und die Interessen von Anwohnern müssen wegen der drohenden Klimakatastrophe hinten anstehen. Windräder und Solarzellen sollen, wo immer möglich mit Landwirtschaft kombiniert oder auf unproduktiven oder überbauten Flächen errichtet werden.

Böden speichern gigantische Mengen Treibhausgase. Deshalb müssen die speichernden Böden unbedingt erhalten und auch Flächen renaturiert werden. Böden sind so zu bewirtschaften, dass sie ihre Speicherfähigkeit für Treibhausgase und Wasser erhalten oder steigern. Die Bauzonen sollen nicht mehr vergrössert werden und jede Einzonung durch eine Auszonung gleich grosser und klimatechnisch mindestens gleich wertvoller Fläche ausgeglichen wird. Ausserhalb der Bauzone sollen ausschliesslich die Bauten zulässig sein, die für Land- und Forstwirtschaft, die Gewinnung und den Transport von Energie und den Verkehr notwendig sind. Nicht mehr zweckgemäss genutzte Bauten ausserhalb der Bauzone sollen abgerissen und die Fläche renaturiert werden müssen. Der Bund soll zudem ein Renaturierungsprogramm auflegen, die Flächen mit dem Ziel der Speicherung von Treibhausgasen renaturiert.

Es soll sofort ein gross angelegtes Forschungs- und Entwicklungsprogramm für klimafreundliche Technologien, insbesondere Energiegewinnung, sowie zur Rückbindung und Speicherung von CO₂ gestartet und massiv aus Steuergeldern finanziert werden. Das Forschungsprogramm soll international offen sein, aber nicht auf andere Staaten warten.

Kapitel 2: Nachhaltigkeit

Viele natürlich vorkommende Ressourcen wie Edelmetalle und seltene Erden sind nur in begrenzter Menge vorhanden und werden für viele Produkte, insbesondere Elektronik benötigt. Diese Produkte haben häufig nur eine kurze Lebensdauer, die zum Teil absichtlich oder aus Kostengründen weiter verkürzt wird. Die kurze Lebensdauer ist häufig auch zum Nachteil der Konsumenten, die sich unnötigerweise ein neues Produkt kaufen müssen.

Haufenweise Karton bereit zum Recycling
 

Aus diesem Grund soll es zukünftig auf alle elektronischen und elektrischen Geräte eine Nachhaltigkeitsumlage geben. Diese Umlage wird auf elektronische Geräte, vom Smartphone bis zum Fernseher, erhoben, wenn diese schwer reparierbar oder physisch von schlechter Qualität sind. Die Gebühr steigt ausserdem, wenn Updates und Ersatzteile nicht für lange Zeit garantiert werden oder wenn freie Software darauf nur schwer oder gar nicht installiert werden kann. Geräte, welche im Gegenteil besonders nachhaltig sind, werden mit den Erträgen aus der Umlage subventioniert.

Deshalb soll es zukünftig eine Umlage auf Waren geben, deren Herstellung die Umwelt besonders belasten. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob die Gifte das Wasser und Luft in der Schweiz oder im Ausland verseuchen. Wie bei Steuern soll gelten, dass wenn der Händler, Importeur, Hersteller oder Ursprungsstaat nicht mit der Ermittlung der Umweltbelastung kooperiert, diese zulasten des Produkts eingeschätzt wird. Die Umlage soll jeweils Produkte derselben Kategorie subventionieren, welche besonders umweltfreundlich produziert werden.

Sauberes Trinkwasser ist eine lebenswichtige Ressource für alle Menschen. Seine Verfügbarkeit ist gleich doppelt bedroht, durch Umweltgifte und Versuche der Kommerzialisierung und Monopolisierung. Deshalb soll der Zugang dazu als Menschenrecht anerkannt werden. Das Menschenrecht soll eine positive Leistungspflicht des Gemeinwesens vorsehen und den Preis auf die Kosten der Aufbereitung und Zuleitung begrenzen.

Billige Produkte oder ihre Vorläufermaterialien werden oft unter prekären Arbeitsbedingungen hergestellt. Dazu gehören insbesondere moderne Formen der Sklaverei, Kinderarbeit, gesundheitsschädliche oder gefährliche Arbeitsbedingungen und besonders schlechte Bezahlung.

Damit diese Art von indirekter Ausbeutung durch Konsum reduziert wird, soll es zukünftig eine Umlage auf Waren geben, deren Herstellung oder die Gewinnung der Vorläufermaterialien in prekäre Arbeitsbedingungen erfolgt. Wie bei Steuern soll gelten, dass wenn der Händler, Importeur, Hersteller oder Ursprungsstaat nicht mit der Ermittlung der Arbeitsbedingungen kooperiert, diese zulasten des Produkts eingeschätzt wird. Die Umlage soll jeweils Produkte derselben Kategorie subventionieren, welche besonders menschenfreundlich produziert werden.

Die Kategorisierung jedes Produkts bezüglich Nachhaltigkeits-, Umwelt- und Arbeitsumlage soll auf dem Produkt gekennzeichnet und die Abgabe oder der Zuschuss auf der Quittung separat ausgewiesen werden.

Kapitel 3: Forschung

Wir sind überzeugt, dass Forschung wichtige Ergebnisse zum Wohl der Menschheit und der Individuen liefert. Um diesen Zweck langfristig zu erfüllen, muss die Forschung nicht nur in kurzfristige Anwendungen, sondern auch in Grundlagen intensiviert werden. Die Forscherinnen sollen dabei möglichst frei von wirtschaftlichen Überlegungen arbeiten können.

Forscherin arbeitet im Labor
 

Deshalb soll sich die Forschung nicht von Drittmitteln abhängig machen, sondern primär aus Steuergeldern bezahlt werden. Im Gegenzug sollen alle Forschungsergebnisse, welche mit staatlichen Mitteln gefördert wurden unter Open Access stehen und damit für alle Menschen frei zugänglich und wenn möglich auch nutzbar sein.

Die Forschungsausgaben der öffentlichen Hand in der Schweiz sollen von weniger als 1% in 2019 auf 3% des Bruttoinlandsprodukts gesteigert werden.

Kapitel 4: Europa

Wir sehen die Europäischen Union als Garantin der Freiheiten, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit für alle Menschen in Europa. Deshalb fordern wir den baldigen Beitritt der Schweiz zur EU.

Europaflagge im Wind
 

Die Probleme der EU, namentlich im Bereich der demokratischen Mitbestimmung sowie von überbordendem Lobbyismus und Korruption wollen wir von Innen angehen.

Zusätzlich fordern wir verstärkte Zusammenarbeit mit allen demokratischen Staaten in Europa für Menschenrechte, Teilhabe und Nachhaltigkeit und gegen Diktatur und Faschismus.

Kapitel 5: Aussenpolitik

Kern der Aussenpolitik soll die Förderung der Selbstbestimmung und des Erhalts der Lebensgrundlagen aller Menschen sein. Nationaler Eigennutz soll nur soweit verfolgt werden, als er mit den Kernzielen nicht im Konflikt steht.

 

Selbstbestimmung bedeutet im internationalen Kontext, dass die Menschen in jedem Staat, in jeder Region die sie betreffende Staatsgewalt selbst bestimmen. Nur demokratische Staaten, welche Minderheiten schützen und deren Teilgebieten das Recht der selbstbestimmten Abspaltung zugestanden wird, genügen diesem Ideal. Darauf, dass eine Sache innere Angelegenheit sei, kann sich nur eine Regierung berufen, welche diese universellen und unveräusserlichen Rechte aller Menschen schützt.

Die derzeit anerkannten Menschenrechte sind notwendige Vorbedingung der Selbstbestimmung aller Menschen und Völker, aber alleine nicht ausreichend. Deshalb soll das Recht auf umfassende demokratische Mitbestimmung als individuelles Menschenrecht und das Recht auf selbstbestimmte Abspaltung von jedem Staat und Staatenbund als kollektives Menschenrecht anerkannt werden.

Die Schweiz soll ihr aussenpolitisches Gewicht für die Durchsetzung der universellen Menschenrechte und der Selbstbestimmung aller Menschen und Regionen einsetzen. Sie soll neu unabhängige Staaten schnell anerkennen und falls gewünscht Aufbauhilfe leisten.

Die Schweiz soll insbesondere die internationale Gerichtsbarkeit für Menschenrechte und gegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit fördern und von anderen Staaten einfordern. Die Schweiz soll ungeachtet der diplomatischen Konsequenzen jeden Menschen, der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt wird und dessen sie habhaft wird, an ein internationales Gericht überstellen oder selbst vor Gericht stellen.

Freihandelsabkommen soll die Schweiz nur dann schliessen, wenn diese Teilhabe, Freiheit, Umweltschutz und Demokratie im Inland nicht beschädigen. Insbesondere soll die Schweiz keine Investitionsschutzabkommen schliessen und bestehende aufkünden. Die Beurteilung von internationalen Streitigkeiten soll ausschliesslich unabhängigen und transparenten internationalen Gerichten übertragen werden.

Teil IV: Demokratie

Wir sind überzeugt, dass die halbdirekte Demokratie die beste bekannte Regierungsform ist. Trotzdem gibt es an vielen Stellen Verbesserungspotential, insbesondere was die Vertretung von Minderheiten angeht.

Kapitel 1: Jugendteilnahme an Politik

Die Jugend ist von politischen Entscheiden häufig besonders betroffen, weil sich diese in weiter Zukunft auswirken. Aus diesem Grund sollen Jugendliche vermehrt aktiv und wirksam an der Politik teilnehmen können.

Jugendliche im Zürcher Parlament
 

Das Mindestalter für die Ausübung des aktiven Stimm- und Wahlrechts bei nationalen und kantonalen Wahlen und Abstimmungen soll abgeschafft werden. Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sollen jedoch nur nach Bestehen eines einfachen Staatskundetests zur Urne zugelassen werden.

Auf jeder Ebene des Staates soll es ein Jugendparlament geben. Dieses soll über ein eigenes Budget und eine jugendgerechte Aufsichtskommission für Jugendangelegenheiten verfügen. Dem Jugendparlament soll ausserdem das Initiativrecht ins Erwachsenenparlament und mit qualifizierter Mehrheit das Recht zu Volksinitiative und Referendum zukommen.

Das Jugendparlament soll durch einen fachlich und pädagogisch kompetenten Parlamentsdienst begleitet und über seine Möglichkeiten und die Themen informiert werden. Es sollt über Kommissionen verfügen, an deren Sitzungen auf Einladung auch Mitglieder des Erwachsenenparlaments mit beratender Stimme teilnehmen.

Aktives und passives Wahlrecht für die Jugendparlamente sollen alle Kinder ab 13 Jahren automatisch erhalten. Jüngere Kinder sollen das passive Wahlrecht beantragen können. Die Obergrenze für das Wahlrecht soll bei 21 Jahren liegen. Die Staatsangehörigkeit oder Dauer des Aufenthalts soll für das Wahlrecht zu Jugendparlamenten keine Rolle spielen.

Die Wahlen sollen jedes Jahr stattfinden, wobei jeder Jahrgang einen Wahlkreis bildet. Das Wahlsystem soll ein Präferenzwahlsystem mit Proporzelementen sein, damit Jugendparteien möglich, aber nicht notwendig sind.

An Schulen, Gymnasien und Berufsschulen soll über das Jugendparlament informiert werden und Wahlkampf betrieben werden dürfen. Die Wahl selbst soll analog zu Wahlen der Erwachsenen brieflich oder an der Urne erfolgen. Dabei soll mit dem Wahlmaterial ein staatlich finanzierter Prospekt zur Vorstellung der Kandidierenden zugestellt werden.

Kapitel 2: Direkte Demokratie

Wir sind der Auffassung, dass mehr Volksabstimmungen gut für die direkte Demokratie sind. Aus diesem Grund wollen wir, dass die konstruktive Gesetzesinitiative und das Finanzreferendum auf Bundesebene eingeführt wird. Damit sollen 60’000 Stimmbürgerinnen direkt eine Gesetzesänderung beantragen können. Das Parlament soll wie bei einer Initiative einen Gegenvorschlag machen dürfen.

Schild: Heute Abstimmung
 

Auf Bundesebene soll auch ein konstruktives Referendum eingeführt werden, mit dem ein Gesetz nicht als ganzes abgelehnt, sondern durch Stimmberechtigte in einer bestimmten Art geändert werden soll. Die Abstimmung soll dabei stattfinden, wenn mindestens ein Änderungsvorschlag 20’000 Unterschriften und alle zusammen deren 50’000 erreicht haben. Bei der Abstimmung sollen die Stimmberechtigten dann zu jeder Variante Ja oder Nein sagen können, wobei eine Variante als angenommen gilt, wenn sie mehr Stimmen als jede andere Variante auf sich vereinigt und das absolute Mehr überschreitet.

Zudem wollen wir ein Budgetreferendum auf Bundesebene einführen, dass jede neue, nicht durch ein Gesetz vorgeschriebene, Ausgabe von über 500 Millionen einmalig oder 100 Millionen pro Jahr dem fakultativen Referendum unterstellt. Die soll auch dann gelten, wenn die Mittel aus dem ordentlichen Budget stammen.

Die Unterschriftensammlung soll durch E-Collecting erleichtert werden. Das E-Collecting soll auch für die Kantons- und Bundesebene von den Gemeinden betrieben werden, welche nur die Unterschriftenzahlen weitermelden. Damit und mit klaren Vorschriften zur Löschung nach Zustandekommen oder Nichtzustandekommen soll verhindert werden, dass eine Art Vorratsdatenspeicherung politischer Haltungen entsteht.

E-Voting lehnen wir ab, da dies praktisch gesehen nicht sicher vor massenhaften Manipulationen ist und uns das Vertrauen in eine wirksame Umsetzung des Stimmgeheimnisses fehlt.

Die direkte Demokratie und die Wahlen von Regierung, Parlament und Gerichten sollen durch ein unabhängiges Präsidium des Stimmvolkes organisiert werden, um die Gefahr zu bannen, dass Regierung und Parlament unliebsame Volksentscheide verhindern oder verzögern.

Leider kommt es immer wieder vor, dass Abstimmungskämpfe statt von Parteien und Zivilgesellschaft von staatlichen Akteuren dominiert werden. Um dies zu verhindern, soll den Parlamenten, den Mitgliedern der Exekutiven und den staatsnahen Betrieben jede Werbung für oder gegen ein Anliegen verboten sein.

Kapitel 3: Wahlrecht und Parlament

Wir sind der Überzeugung, dass politische Vielfalt und die Vertretung vieler kleiner Parteien im Parlament positiv sind. Aus diesem Grund darf es keine Sperrklauseln oder andere Hürden für kleine Parteien geben und alle Parlaments- und Exekutivwahlen sollen nach proportionalem Wahlrecht, welches kleine Parteien nicht benachteiligt, erfolgen.

Nationalratssaal im Bundeshaus
 

Geschlechterquoten und Quoten für Minderheiten sind Ungleichbehandlungen und Einschränkung der Wahlmöglichkeit und sollen deshalb nicht eingeführt werden. Wahlkreise sind als geografische Quoten abzuschaffen. Der Nationalrat soll in einer einzigen Listenwahl über die gesamte Schweiz gewählt werden. Als Verbesserung in diese Richtung würden wir auch die Einführung des Doppelproporzes begrüssen.

Der Ständerat verteilt die Stimmgewichte sehr unfair auf die Bevölkerung. Aus diesem Grund soll er zu einem Minderheitenrat umgestaltet werden. Dessen Wahl funktioniert in drei Schritten: Zunächst können jeweils 100 Stimmberechtigte einen thematischen Wahlkreis vorschlagen. Dann wählt jede Stimmberechtigte ihren Wahlkreis per Single Transferrable Vote aus. Dabei werden auf dem Stimmzettel viele thematische Wahlkreise, zu welchen die stimmberechtigte Person gehören möchte, in Reihenfolge der individuellen Präferenz aufgeschrieben. Dann werden immer der Wahlkreis mit den wenigsten Stimmen von allen Stimmzetteln gestrichen und jede Stimme dafür geht auf den nächst präferierten thematischen Wahlkreis über, bis nur die gewünschte Anzahl Wahlkreise übrig sind. Im letzten Schritt wählt dann jede stimmberechtigte Person im präferierten Wahlkreis jeweils eine Kandidierende mit relativer Mehrheit in den Minderheitenrat.

Die mehrfache Wiederwahl von Parlamentsmitgliedern führt zu einer Fokussierung auf Wahlkampf und einer Überalterung des Parlaments. Deshalb sollen alle zwei Jahre ein Drittel jeder Kammer gewählt werden und nach einer Amtszeit von sechs Jahren die Wiederwahl für immer ausgeschlossen sein. Damit trotzdem Diversität gewählt werden kann, soll der Nationalrat auf 600 Mitglieder und der Ständerat auf 90 Mitglieder erweitert werden.

Um die Rückkopplung des Parlaments an Volk ohne Wiederwahl zu gewährleisten, sollen die Stimmberechtigten die Parlamentarier jedes Jahr an der Urne bewerten. Die Bewertung soll über Sachfragen erfolgen, wobei jeder Stimmberechtigte nach Belieben fünf Punkte für die Zustimmung oder Ablehnung bei einer Schlussabstimmung verteilen kann. Die Punkte werden dann anhand des Stimmverhaltens des Parlamentariers aufsummiert und zur Ermittlung des Ruhestandesgehalts jedes Parlamentariers verwendet.

Die Mitglieder des National- und Ständerats sollen zukünftig Vollzeit im Parlament tätig sein und keine bezahlten Nebenämter ausüben dürfen. Zudem soll jeder Nationalrat zwei, jeder Ständerat vier vom Staat bezahlte wissenschaftliche Mitarbeiter zur Seite gestellt erhalten. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Parlamentarier genügend Zeit haben, sich über alle wichtigen Fragen zu informieren und eine fundierte Meinung zu bilden.

Der Bundesrat soll zukünftig vom direkt vom Volk gewählt werden, jedoch zwingend in einer proportionalen Personenwahl oder einer Listenwahl, sodass alle grösseren politischen Richtungen vertreten sind. Die sieben Mitglieder des Bundesrates sollen für eine einzige Amtszeit von sieben Jahren ohne Möglichkeit der Wiederwahl gewählt werden. Die Rückkopplung soll über eine jährliche Bewertung durch die Stimmberechtigten der Regierungsmitglieder mit nach Sachfragen erfolgen, welche das Ruhestandesgehalt beeinflusst. Dies setzt einen transparenten Bundesrat voraus, welchen wir ohnehin fordern.

Wenn ein Mitglied des Bundesrates seine Amtspflichten schwerwiegend verletzt oder nicht mehr in der Lage ist, sein Amt auszuüben, soll er auf Antrag der Bundesversammlung durch das Bundesgericht seines Amtes enthoben werden.

Der Bundespräsident soll weiterhin ein Primus inter pares sein und keine zusätzliche Macht haben. Den Mitgliedern der Exekutive soll es ausserdem verboten sein, öffentlich Parteipolitik zu betreiben oder sich zu bevorstehenden Volksabstimmungen zu äussern.

Kapitel 4: Informationsfreiheit

Damit Demokratie, insbesondere direkte Demokratie, funktionieren kann, müssen die Stimmenden über alle Belange des Staatswesens möglichst gut informiert sein. Ausserdem verhindert Transparenz Mauscheleien und Missbräuche.

Dokument unter der Lupe
 

Heute ist es zu aufwendig für interessierte Menschen, mittels Einsichtsgesuch nach Öffentlichkeitsgesetz an behördliche Informationen heranzukommen. Deshalb soll es zukünftig statt nur eines Einsichtsanspruchs eine Publikationspflicht geben. Umgesetzt werden soll das, indem die Behörden sämtliche Dokumente, welche nicht unter eine Ausnahme fallen auf einer Webseite zum Durchsuchen und Herunterladen bereitstellen. Dies soll in einem offenen Format ohne Zugangsbeschränkungen erfolgen. Daten sollen auch maschinenlesbar publiziert werden. Behörden müssen dazu mit genügend personellen und technischen Ressourcen ausgestattet werden, damit Hauptaufgabe und Transparenz erfüllt werden kann.

Das Öffentlichkeitsprinzip soll zukünftig für ausnahmslos alle Behörden und staatsnahen Unternehmen gelten, insbesondere auch für das Parlament, den Bundesrat und die Gerichte.

Das Öffentlichkeitsprinzip ist heute mit sehr vielen Ausnahmen durchlöchert, die überdies von den Behörden oft sehr weit ausgelegt werden. Eine im demokratischen Staat besonders störende Ausnahme ist, dass Informationen betreffend zukünftiger Entscheide nicht öffentlich sind. Dabei sind gerade diese für die demokratische Meinungsbildung und Einflussnahme besonders wichtig.

Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen stehen dem Öffentlichkeitsprinzip oft, besonders bei Beschaffungen, im Weg. Dabei ist der Schutz von Geschäftsgeheimnissen überhaupt nicht im Sinne der offenen Gesellschaft. Deshalb soll diese Ausnahme ersatzlos abgeschafft werden.

Eine weitere Ausnahme soll die Position der Behörde in zukünftigen Verhandlungen schützen. Diese Ausnahme, die Quasi ein Geschäftsgeheimnis für die Behörde schafft, ist so weitreichend und undefinierbar, dass sie unbedingt abgeschafft werden muss.

Ein weiteres Problem ist, dass teilweise versucht wird, das Urheberrecht gegen die Veröffentlichung von behördlichen Dokumenten in Stellung zu bringen, insbesondere wenn deren Erstellung bei Dritten in Auftrag gegeben wurde. Aus diesem Grund sollen im staatlichen Auftrag oder von Behördenmitgliedern im Zusammenhang mit ihrem Dienst erstellte Werke vom Urheberrecht ausgenommen werden.

Behörden versuchen oft, Transparenz mit überhöhten Kostenauflagen zu verhindern. Deshalb soll die Kostenauflage für Einsichtsgesuche vollständig abgeschafft und für Beschwerden nur bei Mutwilligkeit eine Gebühr fällig werden.

Kapitel 5: Lobbyismus

Interessenvertretung gegenüber der Politik ist nicht grundsätzlich schlecht. Problematisch ist jedoch, wenn Politik verdeckt beeinflusst wird, wenn finanzstarke Interessen ein Übergewicht an Lobbyismus mobilisieren können und wenn bestimmte Praktiken Politikerinnen korrumpieren.

Wandelhalle im Bundeshaus
 

Deshalb soll zukünftig jeder, der Interessenvertretung gegenüber Parlamenten, Regierungen und Verwaltung macht in einem öffentlichen Register eingetragen sein müssen. Dort soll offengelegt werden, für welche Interessen jemand Lobbyarbeit macht und wie viel Geld dafür bezahlt wird.

Jedes Treffen eines Parlamentsmitglieds, Regierungsmitglieds oder ranghohen Beamten mit einem Lobbyisten soll öffentlich einsehbar protokolliert werden. Alle Schreiben und Dokumente von Lobbyisten an Parlamentarier, Regierungsmitglieder und ranghohe Beamte sollen veröffentlicht werden müssen.

Bei Verstössen gegen die Transparenzgebote sollen sowohl Politikerinnen als auch Lobbyisten strafrechtlich verfolgt werden. Politikerinnen sollen bei mehrfacher Missachtung auch des Amtes enthoben werden können.

Politikerinnen und ranghohe Beamte sollen nach dem Ende ihrer Tätigkeit für den Staat mindestens drei Jahre lang nicht als Lobbyist tätig sein dürfen.

Neu sollen Belohnungen, wie etwa ein lukrativer Job für die genehme politische Tätigkeit, etwa für das Abstimmverhalten im Parlament, auch dann als Korruption strafbar sein, wenn sie nach der Tätigkeit oder dem Ausscheiden aus Parlament, Regierung oder Verwaltung erfolgen.

Organisationen, die für Interessen lobbyieren sollen ihre Finanzen offenlegen müssen und alle Spenden oder Bezahlungen über 5000 Franken mit dem Namen des Spenders publizieren müssen. Das soll für Vereine und Verbände, aber auch für Unternehmen, welche Lobbyarbeit gegen Bezahlung machen, gelten.

Vereine, die für Interessen lobbyieren sollen zusätzlich staatlich finanziert werden. Dabei kann jeder Stimmberechtigte alle zwei Jahre drei Organisationen auswählen. Dabei soll ein in der Verfassung bestimmter Betrag von etwa 50 Millionen Franken pro Jahr proportional zu den Stimmen auf die Organisationen verteilt werden.

Kapitel 6: Politikfinanzierung

Damit der politische Wettbewerb fair ist, muss die Finanzierung aller Parteien und Komitees bekannt sein. Zudem müssen alle Parteien und Komitees über eine genügende Finanzierung verfügen, auch wenn sie die Interessen finanziell weniger leistungsfähiger Menschen vertreten.

Fünf Hunderternoten
 

Deshalb sollen die Finanzen aller Parteien und aller Abstimmungskomitees offen gelegt werden müssen. Spenden über 5000 Franken pro Jahr sollen mit Namen des Spenders und Betrag öffentlich gemacht werden. Das soll für alle Gruppen gelten, die zu Wahlen von Parlamenten, Exekutiven antreten, Unterschriften für ein Referendum oder eine Volksinitiative sammeln oder Werbung für oder gegen eine Vorlage oder eine kandidierende Person machen. Wahlkämpfe für Judikativpositionen sollen ohnehin strenger reguliert werden.

Alle Kandidierenden sollen alle Spenden im Hinblick auf die Kandidatur offenlegen müssen, ab 5000 Franken auch mit Namen. Die Kandidierenden sollen auch ihre Interessenbindungen offenlegen müssen.

Es soll eine staatliche Parteienfinanzierung geben, die vom den Stimmberechtigten alle zwei Jahre in einer separaten Abstimmung verteilt wird. Dabei soll ein in der Verfassung bestimmter Betrag von etwa 100 Millionen Franken pro Jahr proportional zu den Stimmen auf die Parteien verteilt werden. Eine separate Finanzierung soll es auch für Jungparteien geben.

Ähnliche Regelungen für transparente Politik und deren Finanzierung sollen auch auf kantonaler und kommunaler Ebene gelten.

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